Wien - Ein Fünftel der Richter ist Burnout-belastet, 7,5 Prozent sind der Höchstrisiko-Gruppe zuzurechnen. Das ergab eine Studie der ARGE Burnout und eines Teams der MedUni Graz im Auftrag der Richtervereinigung. Mit nur 57,5 Prozent völlig Unbelasteten gehören die Richter zu den Berufsgruppen mit hohem Druck, sind aber weniger Burnout-belastet als die Ärzte. Richter-Präsident Werner Zinkl plädierte bei der Präsentation der Ergebnisse für Bewusstseinsbildung und mehr Unterstützung - und trat gegen die Tendenz zur frühen Spezialisierung ein.
Denn ein überraschendes Ergebnis war, dass Richter, die in mehreren Sparten tätig sind - so gebe es beispielsweise an Bezirksgerichten Kollegen, die für Straf- und Zivilrecht zuständig sind - weniger Burnout-gefährdet sind. Hier hielte Zinkl ein Anreizsystem für öfteren Wechsel für sinnvoll. Für die ebenfalls besonders gefährdeten älteren Kollegen sollte man Alters-Teilzeitmodelle oder Sabaticals überlegen.
Verlust von Autorität macht Probleme
Probleme macht - vor allem älteren männlichen Richtern - ein "grundlegender gesellschaftlicher Änderungsprozess", nämlich der Verlust der Autorität. Auf eine offene Frage sei recht oft zunehmende Respektlosigkeit von Prozessparteien und der Druck der Medien als besonders belastend genannt worden, berichtete Peter Hofmann (MedUni Graz). Dies könnte, so Erich Hotter (ARGE Burnout), auch ein Grund dafür sein, dass in der Richterschaft - anders als in anderen Gruppen - die Männer stärker Burnout-belastet sind.
Erhoben wurde das Burnout-Risiko in einer Umfrage, an der 763 Richter teilnahmen, das sind mehr als 42 Prozent der Angesprochenen. 42 Prozent der Befragten wiesen Anzeichen eines Burnout auf - wovon aber die Hälfte "sehr leicht bis wenig" betroffen war. 21 Prozent sind "stark und sehr stark belastet", leiden also manifest unter Burnout.
Auch wenn recht oft auf hohe Arbeitsbelastung verwiesen wurde oder seitens der Befragten angegeben wurde, den Urlaub für die Erledigung von Akten zu nützen, nutzte Zinkl das Studienergebnis nicht, um die Forderung nach mehr Planstellen zu bekräftigen. Um mehr Stellen bemühe man sich ohnehin ständig, hier gehe es um die Gesundheit und Bewusstseinsbildung, meinte er.
Besseres Zeitmanagement gefragt
Bewusstsein schärfen will man etwa, indem der Fragebogen weiterhin zur Bewertung der Situation zur Verfügung steht. "Ohne Kosten" , so Zinkl, könnte das Arbeitsklima verbessert werden (viele empfanden Auseinandersetzungen am Arbeitsplatz als belastend). Die Studienautoren regten Unterstützung z.B. durch Lifestyle- oder Selbstmanagement-Seminare an. Diese werden in der Justiz angeboten, außerdem werden Kosten für Einzelcoaching übernommen.
Ziel von Maßnahmen gegen Burnout sollte nach Meinung Hofmanns nämlich "nicht unbedingt sein, weniger zu arbeiten", sondern die Arbeit besser zu bewältigen. Betroffene in "Watte zu packen" und sie lange in Krankenstand zu schicken, hält er für falsch. Wichtig sei Unterstützung bei der Organisation des Lebens und bei der Stressbewältigung - in leichten Fällen könne z.B. schon "zwei Mal die Woche Yoga" helfen. Jedenfalls gelte es, über die Berufssituation nachzudenken - denn oft sei eine "Fehlpassung" (z.B. Aufgaben, für die man nicht geeignet ist) Auslöser für Burnout. (APA)