Die schriftliche Bewerbung ist noch gefragt. Ihr größter Vorteil: Sie bietet mehr Gestaltungsfreiraum. Allerdings darf der Bewerber nicht übertreiben. Und er muss sorgfältig arbeiten.
Die schriftliche Bewerbung ist immer noch in vielen Unternehmen gern gesehen. Ihr größter Vorteil: Sie bietet mehr Gestaltungsfreiraum als ein Online-Formular oder eine Mail-Bewerbung. Allerdings darf der Bewerber nicht übertreiben. Und er muss sorgfältig arbeiten.
Kleine Fehler haben große Wirkung
Wenn zwei sich um den Drucker streiten, freut sich der Dritte. Biologiestudentin Desiree hat es selbst erlebt: Im Vorstellungsgespräch für ein Praktikum packt sie der blanke Horror. Der Personalleiter blättert interessiert durch ihre Bewerbung, allerdings hält er die Mappe verkehrt herum. Desiree sieht, dass Lebenslauf und Anschreiben beidseitig bedruckt sind. Vorne mit ihrer Bewerbung, hinten mit einem Text über Molekulargenetik. Der Personalleiter kann sich ein Lächeln nicht verkneifen. "Etwas ungewöhnlich, aber sehr ökonomisch", sagt er. "Und für Ihr Semester ganz schön anspruchsvoll." Desiree schluckt und sagt nichts. Sie hat vergessen, das Schmierpapier ihrer WG-Mitbewohnerin, die in Biologie promoviert, aus dem Drucker zu nehmen. Glück gehabt, Desiree bekommt den Job.
Bewerbungspannen wie diese hat Mag. Franz Bauer, Karriere-Coach in Wien, schon einige gesehen. In der Regel gehen sie nicht so glimpflich aus. "Ein unprofessioneller Auftritt führt zu einem sehr raschen Ausscheiden bereits in der ersten Runde", sagt Bauer. Schreib- oder Tippfehler, Kaffeeflecken, verknicktes Papier sind genauso K.o.-Kriterien wie Urlaubsfotos oder fehlende Zeugnisse. Die Geduld der Personaler ist bald erschöpft.
Bewerbung auf Papier ist immer noch gefragt
Nach einer Umfrage von Karrierebibel.de sortieren 18 Prozent gnadenlos Bewerbungen aus, die mehr als einen Vertipper enthalten. 28 Prozent zücken bei mehr als zwei Fehlern die rote Karte. Am schlimmsten sei es, wenn Namen von Firmen oder Ansprechpartner falsch geschrieben werde, gaben 69 Prozent der Befragten an.
In mittelständischen Unternehmen, im Handwerk, im Kreativbereich und in sozialen Einrichtungen wird die konventionelle Papierbewerbung nach wie vor geschätzt. Hier sitzen die Entscheider räumlich meist dicht beieinander, die Mappe wandert von Hand zu Hand. So schnell ist kein Mail-Wechsel. Auch viele Behörden ziehen Papier vor, genauso die freien Berufe, etwa Arztpraxen oder Architekturbüros.
"Die Bewerbungsunterlagen sind die Visitenkarte des Bewerbers und fungieren als Eintrittskarte in den Bewerbungsprozess. Diese so gut und professionell wie möglich zu gestalten, sollte Ziel eines jeden Bewerbers sein", sagt Mag. Alexandra Wojtaszek von der Wiener Personalberatung Eblinger & Partner. Sorgfalt ist oberstes Gebot. Nach der vierten, fünften Bewerbung haben Jobsucher meist "den Bogen raus". Daraus leitet sich die Empfehlung ab, den Wunscharbeitgeber erst ins Visier zu nehmen, nachdem man sich bei anderen Unternehmen, die weniger attraktiv erscheinen, warm gelaufen hat. Doch Vorsicht: Übung heißt nicht Routine, schon gar nicht Massenabfertigung.
Der Personaler ist König
Fakten, Fakten, Fakten und immer an den Personaler denken – das hilft beim Schreiben. Welche Erwartungen hat das Unternehmen? Welchen Stil pflegt es: eher jung-dynamisch oder eher konservativ? Entsprechend sollte die Mappe aussehen. "Bei der Gestaltung sollte man sich eher zurückhalten und auf die Usancen der jeweiligen Branche Rücksicht nehmen", meint Berater Bauer. "Ein Grafiker sollte hier sein Können bereits zeigen, aber eine allzu bunte und mit Bildern und Farben getunte Bewerbung könnte in einer eher konservativen Branche, etwa bei Banken, Versicherungen, Behörden, abschreckend wirken."
Ein klares Schriftbild ohne typografische "Extras" wie Fettungen oder Unterstreichungen macht einen aufgeräumten Eindruck. Leerzeilen zwischen den Absätzen und ausreichend "Weißraum", vor allem an den Rändern sowie am Kopf und Fuß der Seiten, erleichtern das Lesen. Das Foto sollte vom Profi-Fotografen stammen, was natürlich ein paar Euro mehr als ein Automatenbild kostet. Insgesamt hält sich der finanzielle Aufwand aber in Grenzen. In eine "Materialschlacht" soll die Bewerbung schließlich nicht ausarten: Büttenpapier mit Wasserzeichen ist genauso überzogen wie die in Leinen gebundene Edelmappe.
Klassiker geht mit der Mode
Dass die schriftliche Bewerbung "von gestern" sei und den Verfasser als wenig innovativ abstemple, gehört ins Reich der Fabel. Denn auch die klassische Form der Jobanbahnung entwickelt sich. Karrieretrainer Dr. Leopold Faltin aus Wien hat einen Haupttrend ausgemacht: "Kürze und Treffsicherheit." Personaler haben in der Regel keine Zeit, dicke Mappen zu wälzen. Und sie lassen sich nicht mehr so leicht durch Fehlinformationen hinters Licht führen: "Angeblich wird immer häufiger die Internetpräsenz der Bewerber durchleuchtet", sagt Faltin. "Aber wer weiß das schon wirklich – und wer kennt die Kriterien."
Ein anderer Trend ist der zur persönlichen Referenz. Viele Beschäftigte entwerfen ihr Arbeitszeugnis heute selbst, wodurch dieses Beurteilungsinstrument an Aussagekraft verliert. Personaler greifen lieber zum Telefon, um sich bei früheren Chefs nach einem Bewerber zu erkundigen. Biologiestudentin Desiree findet das in Ordnung. Da sie im Praktikum eine hervorragende Beurteilung bekam, gibt sie in aktuellen Bewerbungen die Durchwahl des Vorgesetzten von damals an. Und überprüft stets das Papierfach, bevor sie Anschreiben und Lebenslauf ausdruckt.
Quelle: monster.at; http://karriere-journal.monster.at/bewerbungs-tipps/vorbereitung-recherche/schriftliche-bewerbung/article.aspx