Freitag, 1. Juni 2012

Kündigung älterer Dienstnehmer

30.05.2012 | 15:21 | Barbara Klinger (DiePresse.com)

Was ist zu beachten?

In Österreich können unbefristete Dienstverhältnisse grundsätzlich jederzeit ohne Angabe von Gründen unter Einhaltung der vertraglichen Fristen und Termine beiderseits aufgelöst werden. Allerdings können gekündigte Dienstnehmer in Betrieben mit mindestens fünf Mitarbeitern, die bereits seit sechs Monaten im Unternehmen beschäftigt sind, ihre Kündigung unter anderem wegen Sozialwidrigkeit vor Gericht anfechten. Der Arbeitgeber muss beweisen, dass die Kündigung durch persönlich oder betrieblich bedingte Gründe gerechtfertigt ist.

Bei der Prüfung der Sozialwidrigkeit berücksichtigt das Gericht dabei das Alter, die Länge der Dienstzeit, die Chancen am Arbeitmarkt, allfällige Einkommenseinbußen bei einer neuen Beschäftigung, finanzielle Belastungen und die Qualifikation des Dienstnehmers. Ältere Dienstnehmer, die zudem sehr lange bei einem Dienstgeber beschäftigt sind, unterliegen in der Praxis somit durchaus einem erhöhten Schutz hinsichtlich der Kündigung ihres Dienstverhältnisses.
Im Fall der Unwirksamkeit der Kündigung kann der Dienstnehmer auf seinen ehemaligen Arbeitplatz zurückkehren (beziehungsweise ist ein ähnlicher zu schaffen) und hat für die gesamt Prozessdauer Anspruch auf Entgelt.
Aufgrund des nicht unerheblichen Prozessrisikos empfiehlt es sich daher, den Kündigungsgrund im Vorfeld – trotz der ansich begründungsfreien Kündigung – gut zu prüfen.

Zusätzlich haben ältere Dienstnehmer, insbesondere solche über 50, neben dem erwähnten Anfechtungsgrund der Sozialwidrigkeit auch die Möglichkeit die Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses wegen Altersdiskriminierung nach den Bestimmungen des Gleichbehandlungsgesetzes bei Gericht anzufechten. Diese Anfechtungsmöglichkeit steht allen älteren Arbeitnehmern zu – unabhängig von der Betriebsgröße und der Existenz einer Belegschaftsvertretung.
Die Besonderheit der Regelung des Gleichbehandlungsgesetzes besteht darin, dass auch Dienstnehmer, die vom Arbeitnehmerbegriff des Arbeitsverfassungsgesetzes ausgenommen sind, also zum Beispiel leitende Angestellte ihre Kündigung anfechten können.
Während der Dienstnehmer bei einer Kündigungsanfechtung wegen Sozialwidrigkeit für die wesentliche Interessensbeeinträchtigung voll beweispflichtig ist, reicht bei der Altersdiskriminierungsanfechtung die Indizienwirkung des Alters aus.
Den Arbeitgeber trifft daher der Entlastungsbeweis, somit der Beweis eines grundsätzlich altersunabhängigen, konkreten Kündigungsgrundes. Das reine Kostenargument, wonach der ältere Dienstnehmer teurer ist als ein jüngerer Dienstnehmer, reicht dazu nicht aus.

Das relativ hohe Prozessrisiko des Arbeitgebers bei der Kündigung älterer Dienstnehmer kann durch den Abschluss einer einvernehmlichen Auflösung des Dienstverhältnisses mit dem betroffenen Dienstnehmer ausgeschlossen werden.