Sonntag, 27. Oktober 2013

Parabel über Glück und Unglück

Ein alte chinesische Parabel:

Ein älterer Bauer hatte einen Sohn, der ihm auf dem Hof und bei der Landwirtschaft zur Hand ging. Eines Tages brachte der Sohn von einer seiner Wanderung in die Wildnis einen wilden und prachtvollen Hengst mit nach Hause. Er wollte ihn zähmen und der Bauer ließ ihn gewähren. Im Lauf der Wochen und Monate gelang es dem Sohn tatsächlich, den Hengst an sich zu gewöhnen. Von den umliegenden Höfen kamen andere Bauern, bewunderten das stolze Tier und gratulierten dem Bauern. Dieser aber antwortete: „Ist’s ein Glück? Ist’s ein Unglück? Wir werden sehen.“

Verwundert zogen die anderen Bauern wieder ab. Einige Wochen später brach der Hengst in einer Gewitternacht aus und verschwand in die Wildnis. Die Bauern der anderen Höfe bedauerten – nicht ohne Schadenfreude – Sohn und Bauer. Letzterer aber sprach erneut: „Ist’s ein Glück? Ist’s ein Unglück? Wir werden sehen.“ Kurz darauf machte sich der Sohn auf, den Hengst wieder einzufangen.

Nach Wochen der Suche kam er zurück – und brachte neben dem Hengst auch eine Herde prachtvoller Pferde mit, die dieser in der Wildnis um sich geschart hatte. Die anderen Bauern waren erneut voll des Neides und Lobes, doch wieder sprach der Bauer: „Ist’s ein Glück? Ist’s ein Unglück? Wir werden sehen.“

Nach einigen Tagen fiel der Sohn von einem der Pferde und brach sich den Arm. So konnte er nicht auf dem Hof helfen und die Arbeit fiel allein dem Bauern zu. Die Bauern der Nachbarhöfe bedauerten ihn, doch als wenige Tage später die Armee des Kaisers kam, nahmen sie alle Söhne der Höfe als Soldaten mit. Alle, außer dem Sohn des Bauern, der mit seinem gebrochenen Arm nicht als Soldat eingesetzt werden konnte. Dieses Mal kam keiner der anderen Bauern, sie beklagten alle den Verlust ihrer Söhne. Doch der Bauer dachte bei sich: „Ist’s ein Glück? Ist’s ein Unglück? Wir haben’s gesehen.“


Ob eine Entscheidung gut und richtig war, lässt sich oft nicht vorher wirklich richtig abschätzen. Oft wird uns erst die Zukunft zeigen, ob etwas ein Glücksfall oder Unglück war. Rückschläge bei der Jobsuche, ein Knick in der Karriereplanung sollten nicht voreilig beurteilt werden. Mittel- und langfristig kann sich so manches Ergebnis einer Entscheidung vollkommen ins Gegenteil verwandeln.