Samstag, 2. Mai 2015

Gescheiterte Selbständigkeit: Hürden bei der Jobsuche

Gescheiterte Selbständigkeit bedeutet nicht zwangsläufig das Aus einer beruflichen Laufbahn. Vorbehalte gegenüber gescheiterten Selbständigen erschweren allerdings die Jobsuche.
 
Die Erfahrungsberichte zeigen, dass eine gescheiterte Selbständigkeit nicht notwendigerweise die letzte Station einer beruflichen Karriere sein muss. Allerdings gibt es in Unternehmen immer wieder Vorbehalte gegenüber der Beschäftigung von gescheiterten Selbständigen.
Dieser Beitrag will einerseits gescheiterten Selbständigen die Vorbehalte der Arbeitgeber verständlich machen. Er will aber auch Unternehmer ermutigen, Jobbewerber mit einer gescheiterten Selbständigkeit in ihrer Berufskarriere nicht grundsätzlich als Beschäftigte auszuschließen.

Vorbehalt: Der Selbständige hat schlecht gearbeitet – es lag an der Person

Hier geht es um Vorbehalte in Fragen der Qualität der Arbeit und der persönlichen Zuverlässigkeit. Der Arbeitgeber wird sich fragen, ob das Unternehmen womöglich gescheitert ist, weil Sie schlampig gearbeitet haben, weil Sie unzuverlässig sind oder Ihre Arbeit schlecht organisieren können.
Nun wissen Arbeitgeber als Unternehmer selbst, dass Unternehmen nun mal ins Trudeln geraten können und dass es dafür vielfältige Gründe gibt. Sie wissen auch, dass vielen Unternehmensgründungen der erhoffte Erfolg nicht beschieden ist. Es macht also Sinn, sich auf Fragen hinsichtlich der gescheiterten Selbständigkeit vorzubereiten. Überlegen Sie selbst, welchen der zwei Kandidaten würden Sie eher einstellen:
Jobbewerber 1:
Die ganze Welt hatte sich gegen mich verschworen. Die Kunden verstanden die Qualität meiner Arbeit nicht, die Bank schaltete einfach so auf stur und wollte mir kein Geld mehr geben, die Sozialversicherung versuchte mich abzuzocken... Ich hatte ein super Konzept, aber mich haben alle behindert.
Jobbewerber 2:
Da sind einige Dinge zusammengekommen. Die Konkurrenz wurde immer größer und viele Billiganbieter sind auf den Markt gedrängt. Ich konnte den Kundenstock nicht ausbauen, wie es notwendig gewesen wäre und dann haben auch die Ressourcen für nötige Investitionen gefehlt. Ich hätte früher erkennen müssen, dass es so nicht funktionieren kann, aber das wollte ich nicht sehen.
Je differenzierter Sie begründen können, warum Ihr Unternehmen nicht (mehr) funktioniert hat, umso glaubwürdiger wirken Sie. Dazu gehört eine Portion Selbstkritik, aber auch das Einbeziehen weiterer Faktoren wie zum Beispiel zu geringe Eigenkapitalausstattung oder Veränderungen am Markt.

Vorbehalt: Selbständige sind als Angestellte nicht geeignet

Selbständigen wird häufig nachgesagt, dass sie sich nicht in Teams einfügen können und Anordnungen nicht annehmen können. Selbständiges Denken und Vorgehen ist natürlich Voraussetzung für eine erfolgreiche Selbständigkeit, gleichzeitig vermissen gerade Ein-Personen-Unternehmer häufig das Arbeiten im Team und leiden unter ihrer isolierten Arbeitssituation. Waren Sie hingegen selbst Arbeitgeber, dann verfügen Sie damit auch über Kompetenzen im Bereich der Personalführung und jeder Arbeitgeber braucht auch selbst ein gewisses Maß an Teamfähigkeit.
Möglicherweise sind Sie auch froh, wenn Sie nicht mehr ständig Entscheidungen selbst treffen und damit auch die Verantwortung tragen müssen. Unternehmen scheitern in der Regel nicht über Nacht, das ständige Auf und Ab ist anstrengend und nach längeren Phasen des Überlebenskampfs sind gescheiterte Selbständige häufig erschöpft. Einmal die Verantwortung abzugeben und ohne Sorgen abends schlafen zu gehen, kann auch erleichternd sein.
Falls Sie vor der Selbständigkeit bereits in Angestelltenverhältnissen tätig waren, können Sie Zweifel an Ihrer Angestellten-Eignung besonders glaubwürdig entkräften.

Vorbehalt: Gescheiterte Selbständige wissen immer alles besser und wollen still den Betrieb übernehmen

Das Selbstvertrauen gescheiterter Selbständiger ist häufig tief erschüttert und Selbstzweifel nagen an ihnen. Oft gehen sie davon aus, dass die Umwelt ebenfalls an ihren Fähigkeiten zweifelt. Die Versuchung ist groß, nun in einem Job zu zeigen, was man wirklich kann und was in einem steckt – dem Umfeld und sich selbst zu beweisen, dass man kein Totalversager ist.
Das kann zu Übereifer führen und dabei wird - häufig unbeabsichtigt - übers Ziel geschossen. Sie sollten vorsichtig abtesten, wie viel Eigeninitiative angebracht ist und ob eventuelle Verbesserungsvorschläge erwünscht sind – nicht nur beim Arbeitgeber, sondern auch bei den Kollegen. Wenn Sie dem Arbeitgeber und den Kollegen vermitteln, dass Sie den Laden besser führen könnten, macht das schnell böses Blut.

Vorbehalt: Höherer Aufwand und Risiken aufgrund laufender Exekutionen

Gescheiterte Selbständige haben in der Regel einen großen Schuldenberg angehäuft. Dieser Schuldenberg alleine wäre noch nicht das Problem, allerdings sind damit häufig laufende Exekutionen verbunden. Ein Arbeitgeber rutscht damit in die Rolle eines Drittschuldners. Er ist verantwortlich dafür, dass die pfändbaren Anteile des Lohns bzw. des Gehalts direkt an die Gläubiger abgeführt werden. Viele Unternehmen scheuen den damit verbundenen Verwaltungsaufwand und die damit verbundene Haftung.
Gleichzeitig ist eine feste Anstellung mit einem fixen monatlichen Gehalt für gescheiterte Selbständige meist der erste wichtige Schritt, um ihre Schulden wieder in den Griff zu bekommen. Für eine gerichtliche Schuldenregulierung (Privatkonkurs) ist der Nachweis eines geregelten Einkommens von erheblichem Vorteil. Wird ein Zahlungsplan mit den Gläubigern vereinbart, bleibt der Arbeitgeber von der Schuldenproblematik des Mitarbeiters völlig unbehelligt. Im Falle eines Abschöpfungsverfahrens müssen die pfändbaren Anteile nur an einen Treuhänder abgeliefert werden. Auch das stellt eine Erleichterung dar, denn bei einer unregulierten Schuldensituation muss der Arbeitgeber immer darauf achten, welche Gläubiger in welchem Ausmaß zu befriedigen sind.
Auch wenn der - zumindest kurzfristig - höhere Verwaltungsaufwand nicht wegzudiskutieren ist: Viele Arbeitgeber sehen auch, dass Angestellte, die ihre Schulden regulieren wollen, eine hohe Arbeitsmotivation mitbringen und daher zuverlässige Mitarbeiter sind.

Fazit – sind gescheiterte Selbständige die schlechteren Mitarbeiter?

Ehemalige (auch gescheiterte) Selbständigkeit ist nicht zwangsläufig ein unüberwindbares Handicap bei der Jobsuche. Viele Unternehmen schätzen im Gegenteil den Hang zum initiativen und eigenständigen Arbeiten ehemaliger Selbständiger. Allerdings schätzt niemand Mitarbeiter, die mit ihrer Vergangenheit hadern und den Angestelltenjob nur als Notnagel sehen.
Viele gescheiterte Selbständige haben sich vor der Unternehmensgründung bereits als unselbständig Beschäftigte bewährt. Als Mitarbeiter geht es jedoch nicht darum, zu beweisen, welch toller Unternehmer in Wahrheit in Ihnen steckt, sondern dass Sie die Vergangenheit ruhen lassen können und Ihre neue Rolle positiv annehmen.
 
Quelle: Unternehmer in Not, 13.04.2011